Deutsche Übersetzung des IPM von Christian Gottfried Hofmann (1720)
 
  Kollationsvorlage:
Hoffmann, Christian Gottfried: Series Rerum Per Germaniam Et In Comitiis A Transactione Passaviensi Ad Ann[um] MDCCXX. Gestarum, In qua Discordiarum inter utrique religioni addictos origo [et] progressus enarrantur ... Accedit Liber secundus, Qui praeter ... primas partimque ineditas Pacis Westphalicae formulas continet. Adjecta sunt ipsa Pacis Osnabrugo-Monasteriensis instrumenta, cum lectionibus variantibus [et] nova prorsus versione Germanica. Frankfurt am Main, Leipzig: Friedrich Lanckisch Erben 1720 (12: 4 J.publ.g. 584), 381-388.
 
 
 

deutsch 1720

 
 

§§ 98 - 110 IPM

 
   
  [§ 98(1) IPM = Art. XVI,1 IPO, § 98(2) IPM # IPO] Cap. XV. 98. So bald aber das Instrumentum Pacis von den Herrn Gevollmächtigten und Abgesandten unterschrieben und besiegelt seyn wird, soll alle Feindseligkeit aufhören, und dasjenige, darüber man sich oben verglichen hat, auf beyden Seiten alsbald zur Execution gebracht werden. Und damit solches desto besser und geschwinder möchte vollzogen werden, so soll des nächsten Tages nach der Unterschreibung in denen Städten Münster und Oßnabrück, wie gebräuchlich, durch die Strassen der Friede solenniter publiciret und ausgeruffen werden. Nachdem aber Nachricht wird eingelauffen seyn, daß die Unterschreibung derer Tractaten an beyden Orten geschehen, so sollen bald nach geschehener Publication unterschiedliche Curriere an die Generals=Personen bei denen Armeen spediret werden, welche per posta reiten, und besagten Generalen, daß der Friede geschlossen, anzeigen, und daran seyn sollen, damit, wenn sich die Generale wegen eines gewissen Tages verglichen, der Friede und die Abstellung aller Feindschafft bey allerseits Armeen nochmals möchte publiciret, auch allen und ieden Kriegs=Bedienten und der Städte und Vestungen Commendanten anbefohlen werden, hinfüro von allen Feindseligkeiten abzustehen, also, daß, dafern nach gedachter Publication etwas thätliches fürgenommen und gewaltthätig verübt würde, solches alsobald erstattet und in vorigen Stand gesetzet werden könne.  
 
  [§ 99 IPM ~ Art. XVI,20 IPO] 99. Indessen sollen beyderseits Gevollmächtigte sich innerhalb der Zeit des geschlossenen und zu ratificirenden Friedens vergleichen, auf was Weise, Zeit und Sicherheit die Oerter wieder eingeräumet und die Völcker abgedanckt werden mögen, also, daß beyde Theile sicher seyn können, es werde alles, was verglichen worden, aufrichtig vollzogen worden.  
 
  [§ 100 IPM = Art. XVI,2 IPO] 100. Vornemlich soll der Kayser selbst durch das gantze Römische Reich Edicta ausgehen lassen und denen, welche durch diese Verträge und Pacification etwas zu restituiren und zu leisten verbunden werden, ernstlich anbefehlen, daß sie ohne Weigerung und Gefährde innerhalb der Zeit des geschlossenen und zu ratificirenden Friedens, dasjenige, worüber sie sich verglichen haben, vollziehen und exequiren, mit Befehl sowohl an die ausschreibende Fürsten, als Kreiß=Obristen, daß sie auf Erforderung derjenigen, die wieder einzusetzen sind, vermöge der Executions=Ordnung und dieses Vertrags, eines ieden Restitution befördern und vollziehen.
Es soll auch den Edictis diese Clausul einverleibet werden, daß, weil die ausschreibende Fürsten oder Kreiß=Obristen in ihrer eigenen Sache oder Restitution die Execution nicht füglich vollziehen zu können erachtet werden, in diesem Fall, wie auch, so die ausschreibende Fürsten oder Kreises Obristen, die Commißion nicht annehmen solten, alsdann des benachbarten Kreiß ausschreibende Fürsten oder Kreiß=Obristen eben solche Execution auch in andern Kreisen, auf Erforderung derer, die wieder einzusetzen sind, verrichten sollen.
 
 
  [§ 101 IPM = Art. XVI,3-4 IPO] 101. Dafern auch einer von denen, so wieder eingesetzet werden sollen, Kayserliche Commissarien zu einer gewissen Restitution, Leistung oder Vollziehung nöthig erachten solte, welches derselben Wahl überlassen wird, so sollen solche unverzüglich verordnet werden. In welchem Fall, damit der abgehandelten Sache Würckung desto weniger verhindert werde, so soll sowol denen, die wieder einsetzen sollen, als auch denen, die wieder eingesetzt werden müssen, erlaubt seyn, gleich nach geschlossenem und unterschriebenem Frieden, beyderseits zwey oder drey Commissarien zu ernennen, aus welchen die Röm. Kayserl. Maj. einen, der von deme, welcher wieder eingesetzt werden soll, und einen andern, der von deme, der wieder abtreten soll, ernennet worden, iedoch in gleicher Anzahl von beyderley Religion zu erwehlen und solchen anzubefehlen hat, daß sie alles, was krafft dieser Transaction geschehen muß, ohne Verzug exequiren sollen. Da aber diejenigen, welche wieder abtreten sollen, Commissarien zu ernennen unterlassen würden, wird die Röm. Kayserl. Maj. aus denjenigen, welche der Entsetzte ernennen wird, einen erwehlen und einen andern nach Belieben (iedoch in beyderseits Religions=Verwandten gleicher Anzahl,) demselben zuordnen und solchen die Executions=Commißion anbefehlen, ohngeachtet der dawider gemachten Exceptionen. Hernach sollen diejenigen, so wieder einzusetzen sind, selbst bald nach dem Friedens=Schlusse den Inhalt dessen, was abgehandelt worden, denen Interessenten, welche etwas abzutreten haben, zu wissen thun.  
 
  [§ 102 IPM = Art. XVI,5 IPO] 102. Endlich sollen alle und iede, sowol Stände als Gemeinden oder Privat=Personen, Geistliche oder Weltliche, welche vermöge dieses Vergleichs und desselben General=Regeln oder einer besondern und expressen Verordnung etwas wieder abzutreten, sich zu begeben, zu geben, zu thun, oder zu leisten verbunden sind, bald nach Promulgation derer Kayserl. Edicte und geschehener Notification wegen der Wiederabtretung, ohne alle Weigerung oder Entgegensetzung einer gemeinen oder besondern oben in der Amnestie befindlichen clausulæ salvatoriæ, oder einige andere Ausflucht, wie auch ohne einigen Schaden, alles, wozu sie verbunden sind, wieder abtreten, cediren, geben, thun und leisten.  
 
  [§ 103 IPM = Art. XVI,6 IPO] 103. Es soll auch derer ausschreibenden Fürsten oder Kreiß=Obristen, oder der Commissarien Execution sich niemand, er sey gleich ein Stand oder Soldat, fürnemlich in Besatzungen, oder iemand anders, sich widersetzen, sondern vielmehr denen Executoribus beystehen; und denen Executoribus soll erlaubt seyn, gegen diejenigen, welche die Execution auf einige Weise zu verhindern suchen, sich entweder ihrer eigenen oder derer einzusetzenden Macht zu gebrauchen.  
 
  [§ 104 IPM = Art. XVI,7 IPO] 104. Nechst diesem sollen alle und iede Gefangene von beyden Theilen, ohne Unterschied, sie haben ein feind= oder friedliches Gemüthe gehabt, auf die Weise, wie zwischen denen Generalen derer Armeen, mit der Röm. Kayserl. Majestät Bewilligung der Vergleich getroffen worden, oder noch wird getroffen werden, auf freyen Fuß gestellet werden.  
 
  [§ 105 IPM ± Art. XVI,13 IPO] 105. Wenn ex capite Amnestiæ & Gravaminum die Restitution geschehen, die Gefangenen loßgelassen, und die Ratificationes ausgewechselt worden, sollen alle Kriegs=Besatzungen beyder Theile, sie seyn im Namen der Röm. Kayserl. Maj. und Dero Bunds= und Hülffs=Genossen, oder des Allerchristlichsten Königs, der Land=Gräfin zu Hessen, nebst Dero Bundes=Verwandten und Anhängern, oder iemand anders eingeleget worden, aus des Röm. Reichs Städten, und allen andern Orten, so zu restituiren sind, ohne Ausflucht, Verzug, Schaden und Nachtheil abgeführet werden.  
 
  [§ 106(1) IPM ± Art. XVI,14(1) IPO, § 106(2) IPM # IPO] 106. Die Oerter selbsten, Städte, Flecken, Schlösser, Vestungen, sowol durchs Königreich Böhmen und andere der Röm. Kayserl. Majestät und des Hauses Oesterreich Erb=Länder, als auch übrige Reichs=Kreise, so von obgemeldten kriegenden Theilen eingenommen, behalten, oder durch eines oder andern Theiles Waffen=Stillstand oder auf einige andere Weise gelassen worden, sollen ihren vorigen und rechten Besitzern und Herrn, sie seyn gleich des Reichs mittelbare oder unmittelbare Stände, sowol geistliche als weltliche, die freye Reichs=Ritterschafft mit eingeschlossen, ohne Verzug wieder gegeben, und deroselben freyen Disposition, so ihnen entweder von Rechtswegen oder durch Gewonheit, oder kraft gegenwärtigen Vertrags zukomt, überlassen werden; ohngeacht einiger Schenckungen, Belehnungen, Ubergaben, (sie seyn dann oder möchten von selbsten und aus freyem Belieben eines Standes geschehen) Obligationen wegen Befreyung derer Gefangenen oder Abwendung der Verwüstungen, wegen verursachten Brandes oder einigen andern Tituls, so zum Nachtheil der vorigen rechten Herrn und Besitzer erlanget worden. Es sollen auch keine Verträge und Bündnisse, oder einige andere Ausfluchten, so vorbesagter Restitution entgegen lauffen, statt finden, sondern insgesamt für nichtig gehalten werden, ohne Abgang dessen, was und so weit es in vorhergehenden Articuln wegen der Allerchristlichsten Majestät Satisfaction, wie auch etlichen Chur=Fürsten und Fürsten des Reichs geschehenen Conceßionen und gleichmaßigen Compensationen anders ausgenommen und verordnet worden.
Es soll auch nicht die Erwehnung des Catholischen Königs und die Benennung des Herzogs von Lothringen, welche in dem Kayserlichen und Schwedischen Instrumente geschehen ist, vielweniger das Prädicat eines Land=Grafens in Elsaß, welches dem Kayser beygelegt worden, dem Allerchristlichsten Könige zu einigem Präjuditz gereichen, noch dasjenige, so wegen Satisfaction der Schwedischen Militz verglichen worden, in Ansehung Ihro Majestät, einige Würckung haben.
 
 
  [§ 107 IPM ± Art. XVI,14(2) IPO] 107. Und diese Wiederabtretung derer eingenommenen Oerter soll sowol auf Seiten der Röm. Kayserl. Maj. als des Allerchristlichsten Königs und beyderseits Bundes=Genossen und Anhängern, von beyden Seiten und aufrichtig geschehen.  
 
  [§ 108 IPM = Art. XVI,15-16 IPO] 108. Es sollen auch die Archive, briefliche Urkunden und andere Mobilien, wie auch das Geschütze, welche an besagten Oertern zur Zeit der Eroberung gefunden worden, und sich noch bis dato daselbst unbeschädigt befinden, wieder gegeben werden. Was aber nach der Eroberung anders woher darein gebracht worden, es sey in der Schlacht erobert, oder zum Gebrauch und Verwahrung durch die Eroberer dahin gebracht worden, das soll ihnen auch mit dem dazu Gehörigen und dem Kriegs=Vorrathe mit sich aus= und wegzuführen erlaubet seyn.
Eines ieglichen Ortes Unterthanen sollen beym Abzuge der Besatzungen und Soldaten gehalten seyn, Wagen, Pferde und Schiffe, samt nöthigem Proviant, alles Nothwendige an die im Reich bestimmte Oerter zu führen, herbey zu schaffen; welche Wagen, Pferde und Schiffe die Officirer derer auf diese Weise abziehenden Besatzungen und Soldaten, ohne List und Betrug, wieder zurück stellen sollen. Es sollen auch die Unterthanen derer Stände sich unter einander von dieser Last, von einem Gebiet in das andere Fuhren zu thun, ablösen, bis sie an die im Reich bestimte Oerter gelangen. Da dann keinem Commendanten, oder anderm Officirer, erlaubt ist, die Unterthanen und derselben Wagen, Pferde, Schiffe und dergleichen zu ihrem Gebrauche geliehene Sachen, alle oder iede, besonders, ausser ihrer Herren Gebiete, vielweniger über des Röm. Reichs Gräntzen mit sich zu schleppen: weswegen sie dann mit Hinterlassung gewisser Geisseln Sicherheit leisten sollen.
 
 
  [§ 109 IPM = Art. XVI,17-18 IPO] 109. Die wieder abgetretenen erwehnten Oerter, sie mögen nun See= Gräntz oder mitten im Lande gelegene Oerter seyn, sollen von allen fernern bey itzigen Kriegs=Unruhen eingeführten Besatzungen hinfüro zu allen Zeiten befreyet, und ihrer Herren (einem iedweden an seinem Rechte unbeschadet) freyen Disposition überlassen seyn.
Es solle aber keiner Stadt itzt oder inskünfftige zu einigem Nachtheil und Schaden gereichen, daß sie von einem oder dem andern kriegenden Theile ist erobert und besetzt worden: sondern es sollen alle und iede samt allen und ieden Bürgern und Einwohnern, sowol der allgemeinen Amnestie, als übrigen dieses Friedens Wohlthaten sich zu erfreuen haben: und ihnen im übrigen alle ihre Gerechtigkeiten und Freyheiten in geist= und weltlichen Dingen, so sie vor diesem Kriege gehabt haben, unverletzt verbleiben. iedoch ohne Abbruch einer ieden Herrschafft Landes=Obrigkeitlichen Gewalt, und was derselben anhängt.
 
 
  [§ 110 IPM = Art. XVI,19 IPO] 110. Endlich sollen aller im Reich kriegenden Theile Völcker und Armeen von einander gelassen und abgedancket werden, ein ieder aber nur so viel Völcker in seine eigene Länder abführen, so viel er zu seiner Sicherheit nöthig zu seyn erachten wird.  

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