Deutsche Übersetzung des IPO von Arno Buschmann (1984)
 
  Kollationsvorlage:
Buschmann, Arno (Hrsg., eingeleitet und übertragen): Kaiser und Reich. Klassische Texte zur Verfassungsgeschichte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation vom Beginn des 12. Jahrhunderts bis zum Jahre 1806. (dtv 4384) München 1984, 336-338; deutsche Übersetzung des Vertragstextes. Wiederabgedruckt in: ders.: Kaiser und Reich. Verfassungsgeschichte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation vom Beginn des 12. Jahrhunderts bis zum Jahre 1806 in Dokumenten. Teil II: Vom Westfälischen Frieden 1648 bis zum Ende des Reiches im Jahre 1806. 2., erg. Auflage Baden-Baden 1994, 62-64. (Die Regesten sind hier weggelassen. Die geschweiften Klammern {...} markieren Zusätze des Übersetzers; in der Kollationsvorlage sind dafür zweiwinklige Klammern [...] verwendet.)
 
 
 

deutsch 1984

 
 

Artikel VII IPO

 
   
  [Art. VII,1 IPO ← § 47 IPM] {§ 1} Mit einhelliger Zustimmung der Kaiserlichen Majestät und aller Reichsstände ist außerdem bestimmt worden, daß alle Rechte oder Vergünstigungen, die neben anderen Reichsgesetzen vor allem der Religionsfriede und dieser öffentliche Vertrag sowie in ihm die Regelung der {Religions}beschwerden (decisio gravaminum) den der katholischen und der Augsburgischen Konfession angehörenden Stände und Untertanen gewähren, auch denen zukommen sollen, die als Reformierte bezeichnet werden (qui inter illos reformati vocantur); sämtlich jedoch mit Vorbehalt der Verträge, Privilegien, Reversalien und anderen Bestimmungen (salvis ... pactis, privilegiis, reversalibus et dispositionibus aliis), die die sogenannten protestantischen Stände unter sich und mit ihren Untertanen abgeschlossen haben und in denen alles, was wegen der Religion und deren Ausübung sowie dessen, was damit zusammenhängt, für die Stände und Untertanen eines jeden Ortes unbeschadet der Gewissensfreiheit eines jeden bestimmt worden ist (salva itidem cuiusque conscienti[a]e libertate).
Weil aber die Religionsstreitigkeiten, die unter den vorgenannten Protestanten (protestantes) herrschen, bis jetzt nicht beigelegt, sondern einer künftigen Übereinkunft vorbehalten wurden, und folglich die Protestanten zwei Parteien bilden, so ist zwischen den beiden {Parteien} wegen des Ius reformandi vereinbart worden, daß, wenn ein Fürst oder ein anderer Landesherr oder Kirchenpatron zum Bekenntnis der anderen Partei übertreten und ein Fürstentum oder eine Herrschaft, in denen derzeit die öffentliche Religionsausübung des Bekenntnisses der anderen Partei stattfindet, entweder nach Erbrecht oder auf Grund des gegenwärtigen Friedensvertrages oder unter irgendeinem anderen Titel erlangen oder zurückerhalten sollte, ihm selbst es zwar gestattet sein soll, Hofprediger seines Bekenntnisses (concionatores aulicos suae confessionis) ohne jeden Nachteil und ohne jede Belastung für seine Untertanen bei sich und in seiner Residenz zu haben; dagegen es ihm nicht gestattet sein soll, die öffentliche Religionsausübung und die bis dahin geltenden Kirchengesetze oder Kirchenordnungen zu ändern oder Kirchen, Schulen, Spitäler oder diesen gehörende Einkünfte, Renten und Stipendien den früheren {Inhabern} zu entziehen und den {Gläubigen} des eigenen Bekenntnisses zuzuwenden, oder unter dem Vorwand landesherrlichen, bischöflichen, patronatsrechtlichen oder irgendeines anderen Rechtes den Untertanen Prediger des anderen Bekenntnisses aufzuzwingen oder auf irgendeine Weise dem anderen Bekenntnis ein Hindernis oder einen Nachteil unmittelbar oder mittelbar zuzufügen. Und damit diese Übereinkunft desto fester eingehalten werde, soll es im Falle einer solchen Änderung den Gemeinden gestattet sein, selbst geeignete Lehrer und Prediger zu präsentieren oder, wenn sie das Präsentationsrecht nicht haben, diejenigen vorzuschlagen, die vom ordentlichen Konsistorium und der Kirchenbehörde des Ortes - sofern sie desselben Bekenntnisses sind wie die präsentierenden oder vorschlagenden Gemeinden - oder in Ermangelung derer von der Stelle, die die Gemeinden selbst bestimmen werden, geprüft, ordiniert und danach vom Fürsten oder Herrn ohne Weigerung (sine recusatione) bestätigt werden sollen.
 
   
  [Art. VII,2 IPO ← § 47 IPM] {§ 2} Sollte aber eine Gemeinde im Falle einer Änderung des Bekenntnisses das Bekenntnis ihres Herrn angenommen haben und die Religionsausübung desjenigen Bekenntnisses, dem der Fürst oder Herr angehört, auf eigene Kosten verlangen, soll es diesem freistehen, ihr {diese Religionsausübung} ohne Benachteiligung der übrigen {Gemeinden} zu gestatten; eine Aufhebung darf von seinen Nachfolgern nicht vorgenommen werden. Doch sollen die Mitglieder der Konsistorien, die Kirchenvisitatoren und die Theologie- und Philosophieprofessoren an Schulen und Universitäten ausschließlich demjenigen Bekenntnis angehören, das zu dieser Zeit überall öffentlich angenommen ist.
Obwohl alles zuvor Erwähnte auf künftige Veränderungen bezogen ist, soll es dennoch den Rechten, die den Fürsten von Anhalt und ähnlichen {Landesherrn} zukommen, keine Einbuße tun.
Außer den zuvor erwähnten Bekenntnissen soll jedoch im Heiligen Römischen Reich kein anderes angenommen oder geduldet werden (sed praeter religiones supranominat[a]s nulla alia in sacro imperio Romano recipiatur vel toleretur).
 


Vertragstext 1648
Übersetzungen
deutsch 1649 |  deutsch 1720 |  deutsch 1975 |  englisch 1713 |  französisch 1684
französisch 1754 |  italienisch 1648 |  schwedisch 1649 |  spanisch 1750