Deutsche Übersetzung des IPO von Arno Buschmann (1984)
 
  Kollationsvorlage:
Buschmann, Arno (Hrsg., eingeleitet und übertragen): Kaiser und Reich. Klassische Texte zur Verfassungsgeschichte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation vom Beginn des 12. Jahrhunderts bis zum Jahre 1806. (dtv 4384) München 1984, 342-348; deutsche Übersetzung des Vertragstextes. Wiederabgedruckt in: ders.: Kaiser und Reich. Verfassungsgeschichte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation vom Beginn des 12. Jahrhunderts bis zum Jahre 1806 in Dokumenten. Teil II: Vom Westfälischen Frieden 1648 bis zum Ende des Reiches im Jahre 1806. 2., erg. Auflage Baden-Baden 1994, 68-74. (Die Regesten sind hier weggelassen. Die geschweiften Klammern {...} markieren Zusätze des Übersetzers; in der Kollationsvorlage sind dafür zweiwinklige Klammern [...] verwendet.)
 
 
 

deutsch 1984

 
 

Artikel X IPO

 
   
  [Art. X,1 IPO # IPM] {§ 1} Da ferner die durchlauchtigste Königin von Schweden verlangt hat, daß sie für die Rückgabe der im Verlauf des Krieges eroberten Plätze entschädigt und zugleich für die Wiederherstellung des allgemeinen Friedens im Reich gebührend vorgesorgt werde, übergibt die Kaiserliche Majestät mit Zustimmung der Kurfürsten, Fürsten und Stände des Reiches, insbesondere der unmittelbar betroffenen, der vorerwähnten durchlauchtigsten Königin sowie ihren Erben und Nachfolgern, den Königen und der Krone Schwedens kraft des gegenwärtigen Vertrages nachfolgend bezeichnete Herrschaften mit allen Rechten als dauerndes und unmittelbares Reichslehen (perpetuum et immediatum imperii feudum):  
   
  [Art. X,2 IPO # IPM] {§ 2} An erster Stelle das gesamte diesseitige Pommern, das gewöhnlich als "Vorpommern" bezeichnet wird, innerhalb derjenigen Grenzen, die unter den letzten Herzögen von Pommern maßgebend waren. Ferner von Hinterpommern {die Orte} Stettin, Garz, Damm, Gollnow und die Insel Wollin einschließlich der zwischen diesen fließenden Oder sowie dem Meer, das gewöhnlich das Stettiner Haff genannt wird, und den drei Mündungen der Peene, Swine und Dievenow nebst dem an beiden Seiten angrenzenden Land vom Anfang des königlichen Gebietes bis an die Ostsee; wegen der Breite des östlichen Uferstreifens werden sich die königlichen und die kurfürstlichen Beauftragten zur genaueren Bestimmung der Grenzen sowie der übrigen weniger wichtigen Gegenstände in freundschaftlicher Weise verständigen.  
   
  [Art. X,3 IPO # IPM] {§ 3} Das Herzogtum Pommern und das Fürstentum Rügen einschließlich der mit ihnen verbundenen Herrschaften und Orte sowie sämtlichen dazugehörigen Gebieten, Ämtern, Städten, Schlössern, Landstädten, Flecken, Dörfern, Leuten, Lehen, Flüssen, Inseln, Seen, Ufern, Häfen, Landungsplätzen, herkömmlichen Zöllen und Einkünften und allen geistlichen und weltlichen Gütern, ferner Titeln, Würden, Vorrängen, Freiheiten und Vorrechten sowie mit sämtlichen geistlichen und weltlichen Rechten und Privilegien, auf Grund derer die früheren Herzöge von Pommern diese innegehabt, genutzt und regiert haben, soll die Königliche Majestät und das Königreich von Schweden von diesem Tage an als dauerndes Erblehen erhalten, besitzen, ungehindert gebrauchen und uneingeschränkt nutzen (in perpetuum pro hereditario feud[o] habeat, possideat, iisque libere utatur et inviolabiliter fruatur).  
   
  [Art. X,4 IPO # IPM] {§ 4} Auch die Rechte, die die Herzöge von Vorpommern bei der Verleihung der Prälaturen und Präbenden des Kapitels zu Kammin bisher innegehabt haben, sollen künftig der Königlichen Majestät und dem Königreich Schweden mit der Befugnis zustehen, diese aufzuheben und die Einkünfte nach dem Tode der jetzigen Kanoniker und Kapitelherren den herzöglichen Tafelgütern zuzuschlagen, dagegen sollen die früheren den Herzögen von Hinterpommern zustehenden Rechte dem Herrn Kurfürsten von Brandenburg zusammen mit dem gesamten Bistum Kammin und dessen Ländern, Rechten und Würden, wie weiter unten dargelegt werden wird, zustehen.
Die Titel und Wappen von Pommern sollen sowohl das Königliche wie das Brandenburgische Haus nach der unter den früheren Herzögen von Pommern üblichen Weise ohne Unterschied führen; und zwar das Königliche Haus für immer, das Brandenburgische aber nur so lange, als Abkömmlinge aus dem Mannesstamm leben und ohne das Fürstentum Rügen und ohne irgendwelche Ansprüche und Rechte auf die dem Königreich Schweden abgetretenen Orte geltend zu machen. Sollte aber der Mannesstamm des Hauses Brandenburg erlöschen, darf niemand außer Schweden von den [pommerschen] Titeln und Wappen Gebrauch machen; außerdem soll auch ganz Hinterpommern mit Vorpommern und dem gesamten Bistum Kammin einschließlich des Kapitels zusammen mit allen Rechten und Anwartschaften der Rechtsvorgänger für immer den Königen und dem Königreich Schweden zustehen, die in der Zwischenzeit die Anwartschaft auf die Erbfolge und die Gesamtbelehnung {erlangt} haben (spe interim successionis et investitura simultanea gavisuros) und die den Ständen und Untertanen der vorerwähnten Orte bei der Leistung der Erbhuldigung {deren Rechte} in der herkömmlichen Weise garantieren werden.
 
   
  [Art. X,5 IPO # IPM] {§ 5} Der Herr Kurfürst von Brandenburg und alle übrigen Beteiligten sprechen die Stände, Beamten und Untertanen der einzelnen zuvor erwähnten Orte von ihren Pflichten und Eiden los, durch die diese bisher ihnen und ihren Häusern verbunden waren, und weisen sie an, nunmehr der Königlichen Majestät und dem Königreich Schweden in der herkömmlichen Weise Treue und Gehorsam zu leisten; zugleich setzen sie Schweden in den vollen und rechtmäßigen Besitz ein, verzichten von jetzt und für alle Zukunft auf alle Ansprüche (in plena iustaque eorum possessione constituunt renuntiantes omnibus in ea praetensionibus, ex nunc in perpetuum) und bestätigen dies für sich und ihre Nachkommen durch eine besondere Urkunde.  
   
  [Art. X,6 IPO # IPM] {§ 6} Zum zweiten überläßt der Kaiser mit Zustimmung des ganzen Reiches (de consensu totius imperii) der durchlauchtigsten Königin, ihren Erben und Nachfolgern, den Königen und dem Königreich Schweden als dauerndes und unmittelbares Reichslehen Stadt und Hafen Wismar mitsamt der Festung Walfisch und den Ämtern Poel (mit Ausnahme der Dörfer Seedorf, Weitendorf, Brandenhausen und Wangern, die dem Heiliggeistspital der Stadt Lübeck gehören) und Neukloster sowie allen Rechten und allem Zubehör, mit denen die Herzöge von Mecklenburg diese bisher innegehabt haben, und zwar in der Weise, daß die vorerwähnten Orte und der ganze Hafen mit den sich auf beiden Seiten der Stadt bis in die Ostsee erstreckenden Landstrichen der freien Verfügung ihrer Majestät unterstehen sollen, diese nach Belieben und nach dem Erfordernis der Umstände auf eigene Kosten Befestigungen errichten und mit Besatzungen versehen, dort zu allen Zeiten einen sicheren Stützpunkt und Standort für ihre Schiffe und Flotte unterhalten und diese überhaupt mit demselben Recht gebrauchen und nutzen darf, das ihr für die übrigen Reichslehen zusteht; dies jedoch unter der Bedingung, daß die Privilegien der Stadt Wismar unberührt bleiben und deren Handel durch königlichen Schutz und königliche Gunst verbessert und gefördert wird.  
   
  [Art. X,7 IPO # IPM] {§ 7} Zum dritten überträgt der Kaiser kraft des gegenwärtigen Vertrages mit Zustimmung des ganzen Reiches der durchlauchtigsten Königin, ihren Erben und ihren Nachfolgern, den Königen und dem Königreich Schweden das Erzbistum Bremen, das Bistum Verden sowie das Amt Wildeshausen als dauerndes und unmittelbares Reichslehen, und zwar mit dem überlieferten Wappen unter dem Titel eines Herzogtums sowie mit allem Recht, das den letzten Erzbischöfen von Bremen über Kapitel und Diözese von Hamburg zustand (unbeschadet jedoch der dem Hause Holstein, der Stadt und dem Kapitel Hamburg zustehenden Rechte, Privilegien, Freiheiten, Verträge und Besitzungen in ihrem gegenwärtigen Zustand, und zwar in der Weise, daß jene 14 Dörfer in den Holsteinischen Ämtern Trittau und Reinbek für die {Entrichtung der} derzeitigen jährlichen Abgaben dem Herrn Friedrich, Herzog von Holstein- Gottorp und seinen Nachkommen für immer verbleiben sollen[)], einschließlich sämtlicher dazugehörigen geistlichen und weltlichen Herrschaften, wo immer diese gelegen seien, und sämtlicher Rechte zu Lande und zu Wasser, wie immer diese bezeichnet sein mögen; das Wahl- und Postulationsrecht für die Kapitel der übrigen geistlichen Kollegien sowie alle anderen Rechte und die Verwaltung und Regierung der zu diesen Herzogtümern gehörenden Länder sollen erlöschen.  
   
  [Art. X,8 IPO # IPM] {§ 8} Die Stadt Bremen mit ihrem Gebiet und ihren Untertanen soll in ihrem gegenwärtigen Rechtszustand, ihrer Freiheit, ihren Rechten und Privilegien in geistlichen und weltlichen Angelegenheiten uneingeschränkt belassen werden. Sollte aber zwischen ihr und dem Bistum oder {jetzigen} Herzogtum oder den Kapiteln jetzt oder in Zukunft Streit entstehen, dann soll dieser entweder gütlich beigelegt oder gerichtlich entschieden werden, inzwischen aber jede Partei in dem Besitz verbleiben, den sie innehat.  
   
  [Art. X,9 IPO # IPM] {§ 9} Zum vierten: Wegen der vorerwähnten Herrschaften und Lehen nehmen Kaiser und Reich die durchlauchtigste Königin und ihre Nachfolger im Königreich Schweden als unmittelbaren Reichsstand auf, so daß die Königin und die Könige von Schweden neben den anderen Reichsständen unter dem Titel: Herzog von Bremen, Verden und Pommern, Fürst von Rügen und Herr zu Wismar zu den Reichstagen geladen werden müssen; als Sitz in den Reichsversammlungen soll ihnen im Fürstenrat der fünfte Platz auf der weltlichen Bank zugewiesen sein und die Stimme für Bremen an diesem Platz und in dieser Ordnung, die Stimme für Verden und für Pommern aber in der von alters her für die früheren Herren geltenden Reihenfolge abgegeben werden.  
   
  [Art. X,10 IPO # IPM] {§ 10} Im Obersächsischen Kreis aber {soll die Stimme} zunächst vor den Herzögen von Hinterpommern, im Westfälischen und im Niedersächsischen Kreis dagegen an der üblichen Stelle und auf die übliche Weise abgegeben werden, und zwar so, daß das Direktorium des Niedersächsischen Kreises zwischen Magdeburg und Bremen wechselt - unbeschadet jedoch des Rechtes der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg auf das Mitdirektorium.  
   
  [Art. X,11 IPO # IPM] {§ 11} Zu den Reichsdeputationstagen (conventus deputatorum imperii) sollen sowohl die Königliche Majestät als der Herr Kurfürst ihre {Deputierten} in herkömmlicher Weise entsenden; da ihnen für beide Pommern nur eine Stimme zusteht, soll diese stets von der Königlichen Majestät, jedoch nach zuvor getätigter Beratung mit dem vorerwähnten Kurfürsten abgegeben werden.  
   
  [Art. X,12 IPO # IPM] {§ 12} Darüber hinaus erteilt {die Kaiserliche Majestät} für sämtliche vorerwähnten Lehen das Privilegium de non appellando, jedoch unter der Bedingung, daß {die Königliche Majestät} einen Obersten Gerichtshof oder eine Appellationsinstanz an einem geeigneten Ort in Deutschland errichtet und mit Personen besetzt, die ohne weitere Appellation oder Anrufung jedermann Recht und Gerechtigkeit gemäß den Gesetzen des Reiches und den Rechten eines jeden Ortes gewähren.
Sollte aber der Fall eintreten, daß {die Königliche Majestät} in ihrer Eigenschaft als Herzog von Bremen, von Verden oder von Pommern oder auch als Fürst von Rügen oder Herr von Wismar wegen einer die vorerwähnten Herrschaften betreffenden Sache von jemandem rechtmäßig verklagt würde, wird ihr von der Kaiserlichen Majestät freigestellt, nach eigenem Ermessen das Gericht entweder am kaiserlichen Hof oder beim Reichskammergericht zu suchen, um sich auf die anhängig gemachte Klage einzulassen. Doch soll sie verpflichtet sein, sich innerhalb von drei Monaten - vom Tage des angekündigten Streites an gerechnet - zu erklären, vor welchem Gericht sie sich verantworten will.
 
   
  [Art. X,13 IPO # IPM] {§ 13} Außerdem räumt {die Kaiserliche Majestät} der zuvor genannten Königlichen Majestät von Schweden das Recht ein, eine Akademie oder Universität zu errichten (ius erigendi academiam vel universitatem), wo und wann es ihr geeignet erscheinen wird. Zu diesem Zweck [!] überläßt sie ihr die derzeitigen Zölle (gewöhnlich "Licenten" genannt) an den Küsten und Häfen von Pommern und Mecklenburg als dauerndes Recht (iure perpetuo); doch sollen die Taxen soweit ermäßigt werden, daß der Handel an diesen Orten nicht zum Erliegen kommt.  
   
  [Art. X,14 IPO # IPM] {§ 14} Schließlich spricht {die Kaiserliche Majestät} die Stände, Behörden, Beamten und Untertanen der vorgenannten Herrschaften und Lehen von allen Pflichten und Eiden los, durch die sie bisher den früheren Herren und Besitzern oder Prätendenten verbunden waren, weist sie an und verpflichtet sie, der Königlichen Majestät und dem Königreich Schweden als ihrem erblichen Herrn (hereditario suo domino) vom heutigen Tage an Untertänigkeit, Gehorsam und Treue zu erweisen, setzt auf diese Weise die Krone Schweden in den vollen und rechtmäßigen Besitz ein (in plena iustaque eorum possessione constituit) und verspricht mit kaiserlichem Wort (verbo imperiali), daß sie nicht allein der jetzigen Königin, sondern auch allen künftigen Königen und dem schwedischen Königreiche den Schutz der vorerwähnten Herrschaften, Güter und abgetretenen Rechte garantieren, gleich den übrigen Reichsständen den ungestörten Besitz gegenüber jedermann uneingeschränkt erhalten und bewahren und dies alles mit besonderen Lehnsbriefen (peculiaribus investiturarum literis) aufs Beste bestätigen wolle.  
   
  [Art. X,15 IPO # IPM] {§ 15} Umgekehrt werden die durchlauchtigste Königin und die künftigen Könige und das Königreich Schweden sämtliche vorerwähnten Lehen als Lehen der Kaiserlichen Majestät und des Reiches anerkennen und daher, sooft sich der Fall ereignen wird, um die Erneuerung der Belehnung in gebührender Form nachsuchen, den Lehnseid und alles, was damit verbunden ist, wie ihre Vorfahren und gleich sämtlichen übrigen Reichsvasallen leisten.  
   
  [Art. X,16 IPO # IPM] {§ 16} Im übrigen werden sie den Ständen und Untertanen der vorerwähnten Herrschaften und Orte, namentlich {den Bürgern} von Stralsund, die ihnen zustehenden allgemeinen und besonderen Freiheiten, Güter, Rechte und Privilegien, die diese auf rechtmäßige Weise erworben oder durch langandauernden Gebrauch erlangt haben, einschließlich der ungehinderten und dauernden Übung der evangelischen Religion (evangelicae religionis exercitio) nach der unveränderten Augsburgischen Konfession bei der Erneuerung und Leistung des Huldigungseides in der herkömmlichen Weise bestätigen; insbesondere werden sie die den Hansestädten zustehende Freiheit der Schiffahrt und des Handels sowohl in den auswärtigen Königreichen, Republiken und Provinzen als auch im Reiche selbst, wie ihnen dies bis zum gegenwärtigen Kriege zustand, unangetastet lassen.  


Vertragstext 1648
Übersetzungen
deutsch 1649 |  deutsch 1720 |  deutsch 1975 |  englisch 1713 |  französisch 1684
französisch 1754 |  italienisch 1648 |  schwedisch 1649 |  spanisch 1750