Deutsche Übersetzung des IPO von Arno Buschmann (1984)
 
  Kollationsvorlage:
Buschmann, Arno (Hrsg., eingeleitet und übertragen): Kaiser und Reich. Klassische Texte zur Verfassungsgeschichte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation vom Beginn des 12. Jahrhunderts bis zum Jahre 1806. (dtv 4384) München 1984, 348-354; deutsche Übersetzung des Vertragstextes. Wiederabgedruckt in: ders.: Kaiser und Reich. Verfassungsgeschichte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation vom Beginn des 12. Jahrhunderts bis zum Jahre 1806 in Dokumenten. Teil II: Vom Westfälischen Frieden 1648 bis zum Ende des Reiches im Jahre 1806. 2., erg. Auflage Baden-Baden 1994, 74-80. (Die Regesten sind hier weggelassen. Die geschweiften Klammern {...} markieren Zusätze des Übersetzers; in der Kollationsvorlage sind dafür zweiwinklige Klammern [...] verwendet.)
 
 
 

deutsch 1984

 
 

Artikel XI IPO

 
   
  [Art. XI,1 IPO # IPM] {§ 1} Als Entschädigung soll dem Kurfürsten von Brandenburg, Herrn Friedrich Wilhelm, weil er zur Förderung des allgemeinen Friedens auf seine Rechte in Vorpommern und auf Rügen einschließlich der dazugehörigen zuvor erwähnten Herrschaften und Orte für sich und seine Nachkommen, Nachfolger, Erben und männlichen Anverwandten, insbesondere für den Herrn Markgrafen Christian Wilhelm, ehemaligen Administrator des Erzbistums Magdeburg, desgleichen für den Herrn Markgrafen Christian von Kulmbach und den Herrn Markgrafen Albrecht von Ansbach sowie für deren männliche Nachfolger und Erben, Verzicht geleistet hat, unmittelbar nach Ratifikation des Friedens zwischen dem Königreich und den Reichsständen vom Kaiser mit Zustimmung der Reichsstände, namentlich der unmittelbar beteiligten, das Bistum Halberstadt mit allen Rechten, Privilegien, Regalien, Gütern, weltlichen und geistlichen Herrschaften, welchen Namen diese auch haben mögen, ohne jede Ausnahme als dauerndes und unmittelbares Reichslehen übertragen werden. Der Herr Kurfürst soll außerdem sogleich in den ungestörten und tatsächlichen Besitz {dieses Bistums} eingesetzt werden und Sitz und Stimme auf dem Reichstage und im Niedersächsischen Kreise haben (sessionem et votum in comitiis imperii et circulo inferioris Saxoni[a]e habeat).
Das Glaubensbekenntnis und die geistlichen Herrschaften sollen dagegen in dem Rechtszustand belassen werden, in den sie durch den Herrn Erzherzog Leopold Wilhelm und das Domkapitel auf Grund eines eigenen Vertrages gebracht wurden; dies jedoch in der Weise, daß gleichwohl das Bistum dem Herrn Kurfürsten und seinem ganzen Hause und den zuvor erwähnten männlichen Anverwandten und deren Nachfolgern und männlichen Erben in der Ordnung, in der diese aufeinanderfolgen, als erbliches {Lehen} verbleiben, dem Kapitel kein Wahl und Postulationsrecht noch eine Beteiligung an der Regierung des Bistums einschließlich des Zubehörs zustehen, sondern dem vorerwähnten Herrn Kurfürsten und nach der Erbfolgeordnung den übrigen Vorerwähnten in diesem Bistum jenes Herrschaftsrecht zustehen soll, das auch die übrigen Reichsfürsten in ihren Ländern innehaben. Außerdem soll es ihm erlaubt sein, den vierten Teil der Kanonikate (mit Ausnahme der zu dieser Zahl nicht gehörenden Propstei) nach dem Tode der derzeitigen Inhaber aufzuheben und deren Einkünfte der bischöflichen Tafel zuzuschlagen (mensae episcopali incorporare). Sollten aber weniger evangelische Domherrn vorhanden sein, als der vierte Teil des gesamten Konvents mit Ausnahme des Propstes ausmacht, soll die Zahl aus den durch Tod ihrer Inhaber freiwerdenden katholischen Präbenden ergänzt werden (numerus suppleatur ex catholicorum decedentium beneficiis).
 
 
  [Art. XI,2 IPO # IPM] {§ 2} Da die Grafschaft Hohenstein, soweit sie ein Lehen des Bistums Halberstadt ist und aus den beiden Herrschaften oder Ämtern Lohra und Klettenberg sowie einigen Städten besteht, einschließlich der dazugehörenden Herrschaften und Rechte nach dem Tode des letzten Grafen dem Bistum einverleibt und dem Besitz des Herrn Erzherzogs Leopold Wilhelm {in seiner Eigenschaft} als Bischof von Halberstadt zugeschlagen wurde, ist bestimmt worden, daß diese Grafschaft auch künftig unwiderruflich bei diesem Bistum verbleiben soll, so daß dem Herrn Kurfürsten als dem erblichen Herrn des vorerwähnten Bistums Halberstadt die freie Verfügung über die erwähnte Grafschaft zustehen und jeder Widerspruch, von wem auch immer er erhoben werden sollte, unwirksam sein soll.  
 
  [Art. XI,3 IPO # IPM] {§ 3} Der Herr Kurfürst soll den Grafen von Tattenbach im Besitz der Grafschaft Rheinstein belassen und ihm die vom Herrn Erzherzog mit Zustimmung des Kapitels erteilte Belehnung erneuern.  
 
  [Art. XI,4 IPO # IPM] {§ 4} Dem Herrn Kurfürsten soll auch für sich und seine vorerwähnten Nachfolger das Bistum Minden mit allen Rechten und allem Zubehör in derselben Weise wie das zuvor erwähnte Bistum Halberstadt von der Römisch-Kaiserlichen Majestät mit Zustimmung der Reichsstände als dauerndes Lehen {des Reiches} übertragen und der Herr Kurfürst für sich und seine Nachfolger unmittelbar nach Ratifikation des Friedens in den ungestörten und tatsächlichen Besitz eingesetzt werden sowie Sitz und Stimme auf den allgemeinen und besonderen Reichstagen wie auch im Westfälischen Kreis haben, unbeschadet jedoch der Regalien und Rechte der Stadt Minden in geistlichen wie in weltlichen Angelegenheiten und einschließlich ihrer Gerichtshoheit in peinlichen und bürgerlichen Sachen innerhalb ihres Gerichtssprengels sowie der Ausübung der Gerichtsbarkeit und anderer Gewohnheiten, Freiheiten und Privilegien, die ihr nach altem Recht auf rechtmäßige Weise zustehen; dies alles jedoch in der Weise, daß die Dörfer, Höfe und Häuser, die dem Fürsten, dem Kapitel und der gesamten Geistlichkeit sowie dem Ritter[stand] gehören oder im Gerichtsbezirk oder in der Stadt gelegen sind, davon ausgenommen sein sollen und darüber hinaus das Recht des Fürsten und des Kapitels unberührt bleibt.  
 
  [Art. XI,5 IPO # IPM] {§ 5} Dem vorerwähnten Herrn Kurfürsten und seinen Nachfolgern soll auch das Bistum Kammin als ein dauerndes Reichslehen von Kaiser und Reich übertragen werden, und [z]war mit dem gleichen Recht und auf die gleiche Weise, wie dies für die Bistümer Halberstadt und Minden bestimmt worden ist, doch mit dem Unterschied, daß es dem Herrn Kurfürsten im Bistum Kammin freisteht, die Kanonikate nach dem Tode der jetzigen Kanoniker und in der Folge das gesamte Bistum mit Hinterpommern zu verbinden oder diesem einzuverleiben (adiungere seu incorporare).  
 
  [Art. XI,6 IPO # IPM] {§ 6} Desgleichen wird dem Herrn Kurfürsten die Anwartschaft auf das Erzbistum Magdeburg (exspectantia in archiepiscopatum Magdeburgensem) in der Weise zugestanden, daß, wann und zu welcher Zeit dieses entweder durch Todesfall oder durch Erbfolge in der Kurwürde oder durch irgendeine andere Erbfolge des gegenwärtigen Administrators, des Herrn August, Herzogs von Sachsen, vakant werden sollte, das gesamte Erzbistum mit allen dazugehörigen Ländern, Regalien und Rechten, wie dies zuvor für das Bistum Halberstadt bestimmt worden ist, dem Herrn Kurfürsten und seinen Nachkommen, Nachfolgern, Erben und männlichen Anverwandten als dauerndes {Reichs}lehen übertragen, verliehen und ihm zusammen mit seinen Nachfolgern das Recht eingeräumt werden soll, sich bei Vakanz aus eigener Macht (auctoritate propria) in den Besitz {des Erzbistums} zu setzen, ohne daß dem eine während dieser Zeit geheim oder öffentlich veranstaltete Wahl oder Postulation entgegenstehen soll (non obstante ulla electione aut postulatione interea temporis sive clam sive palam facta).  
 
  [Art. XI,7 IPO # IPM] {§ 7} In der Zwischenzeit aber soll das Kapitel des vorerwähnten Erzbistums einschließlich der Stände und Untertanen verpflichtet sein, unmittelbar nach dem Abschluß des Friedens dem vorerwähnten Herrn Kurfürsten und dem gesamten kurfürstlichen Haus, allen Nachfolgern, Erben und männlichen Verwandten vorsorglich den Treueeid und den Untertaneneid zu leisten.  
 
  [Art. XI,8 IPO # IPM] {§ 8} Der Stadt Magdeburg soll ihre frühere Freiheit (pristina sua libertas) und das Privilegium von Kaiser Otto I. vom 7. Juni 940 - gleichgültig, ob {die Urkunde} in Kriegszeiten verlorengegangen ist oder nicht [!] - auf ihr untertäniges Bitten von der Kaiserlichen Majestät wieder erneuert werden [!], einschließlich des ihr von Kaiser Ferdinand dem Zweiten verliehenen Befestigungsprivilegs (privilegium muniendi et fortificandi), dessen Geltungsbereich zusammen mit der Gerichtsbarkeit und dem Eigentum {der Stadt} den vierten Teil einer deutschen Meile ausmacht [!]. Ihre Privilegien und Rechte in geistlichen und weltlichen Angelegenheiten sollen unberührt bleiben, allerdings mit der ausdrücklichen Bedingung, daß die Vorstädte nicht zum Nachteil der Stadt wiederaufgebaut werden dürfen.  
 
  [Art. XI,9 IPO # IPM] {§ 9} Im übrigen sollen die vier Herrschaften oder Ämter Querfurt, Jüterbog, Dahme und Burg, die schon zu einem früheren Zeitpunkt dem Kurfürsten von Sachsen übertragen wurden, auch in Zukunft unter dessen Herrschaft verbleiben, allerdings mit dem Vorbehalt, daß derjenige Teil der Reichs- und Kreisbeiträge, der bisher wegen dieser {Herrschaften} gezahlt wurde, von dem vorerwähnten Herrn Kurfürsten von Sachsen auch künftig gezahlt, dem Erzbistum abgezogen und dies in der Reichs- und Kreismatrikel entsprechend vermerkt wird.
Damit aber die dadurch verursachte Verminderung der zur Kammer und zur erzbischöflichen Tafel gehörenden Einkünfte einigermaßen ausgeglichen wird, soll dem vorerwähnten Kurfürsten von Brandenburg und seinen Nachfolgern nach Friedensschluß nicht bloß das Amt Egeln, das bisher zum Kapitel gehörte, mit vollem Recht und voller Nutzung und unter Beendigung des von dem Grafen von Barby vor einigen Jahren hierüber geführten Rechtsstreites übertragen werden, sondern es soll ihm auch, sobald er das Erzbistum erlangt haben wird, die Befugnis zustehen, den vierten Teil der Kanonikerstellen nach Freiwerden aufzuheben und deren Einkünfte der erzbischöflichen Kammer zuzuschlagen.
 
 
  [Art. XI,10 IPO # IPM] {§ 10} Die Schulden aber, die der gegenwärtige Herr Administrator, Herzog August von Sachsen, bisher gemacht hat, sollen keineswegs aus den Einkünften des Erzbistums gezahlt werden, wenn es auf die beschriebene Weise frei werden und an den Herrn Kurfürsten von Brandenburg und dessen Nachfolger fallen sollte; auch soll dem vorerwähnten Herrn Administrator nicht gestattet sein, das mehrfach erwähnte Erzbistum künftig mit neuen Schulden, Verpfändungen und Veräußerungen zum Nachteil des Herrn Kurfürsten und dessen Nachfolgern, Erben und männlichen Anverwandten auf irgendeine Weise zu belasten.  
 
  [Art. XI,11 IPO # IPM] {§ 11} Im übrigen sollen in diesen Erzbistümern und Bistümern [des] Herrn Kurfürsten [die] den Ständen und Untertanen zustehenden Rechte und Privilegien, insbesondere die Ausübung der Augsburgischen Konfession, wie sie derzeit besteht, unberührt bleiben. Außerdem sollen alle zwischen den Reichsständen beider Bekenntnisse in Bezug auf die Religionsbeschwerden verhandelten und abgeschlossenen Verträge und Vereinbarungen in Gültigkeit bleiben, sofern sie derjenigen Bestimmung nicht entgegenstehen, die oben im Artikel V § 8 enthalten ist, die mit den Worten beginnt: "Die Erzbistümer, Bistümer und andere Stiftungen und unmittelbaren und mittelbaren geistlichen Güter" usw., und die mit den Worten endet: "unterworfen bleiben". Dieser Bestimmung soll dieselbe Gültigkeit zukommen, wie wenn sie wörtlich angeführt worden wäre. Das vorerwähnte Erzbistum und die Bistümer sollen dem Herrn Kurfürsten und dem Hause Brandenburg und allen Nachfolgern, Erben und Anverwandten zu erblichem und dauerndem Recht für immer und mit demselben Recht wie deren übrige Länder erhalten bleiben.
In Bezug auf den Titel wurde in der Weise Übereinstimmung erzielt, daß der vorerwähnte Herr Kurfürst mit dem ganzen Hause Brandenburg und den sämtlichen Markgrafen von Brandenburg als Herzog von Magdeburg, Fürst von Halberstadt und Minden bezeichnet und intituliert werden soll.
 
 
  [Art. XI,12 IPO # IPM] {§ 12} Die Königliche Majestät von Schweden soll dem Herrn Kurfürsten für sich, seine Nachfolger, Erben und männlichen Anverwandten folgendes zurückerstatten: Erstens: das übrige Hinterpommern mit allem Zubehör, allen geistlichen und weltlichen Herrschaften und Rechten einschließlich des Rechtes des Obereigentums und der Nutzung; zweitens: Kolberg mit dem gesamten Bistum Kammin und allen Rechten, die den Herzögen von Hinterpommern bisher bei der Verleihung der Prälaturen und Präbenden des Kapitels Kammin zustanden, dies jedoch in der Weise, daß die der Königlichen Majestät von Schweden oben zugestandenen Rechte unberührt bleiben und daß den Ständen und Untertanen in den zurückerstatteten Teilen Hinterpommerns und im Bistum Kammin ihre Freiheiten, Herrschaften, Rechte und Privilegien nach dem Inhalt der Reversalien (auf die sich auch die Stände und Untertanen des genannten Bistums in der Weise berufen dürfen, als seien sie ihnen ausdrücklich erteilt worden) einschließlich der freien Ausübung der Augsburgischen Konfession, die ihnen in unveränderter Form zusteht, [bei] Erneuerung und {Huldigungs-}Leistung bestätigt werden und verbleiben sollen.  
 
  [Art. XI,13 IPO # IPM] {§ 13} Drittens: alle Orte, die in der Mark Brandenburg durch die Schweden besetzt worden sind.  
 
  [Art. XI,14 IPO # IPM] {§ 14} Viertens: alle zum St. Johanniterorden gehörenden Komtureien und Herrschaften, die nicht in den der Königlichen Majestät und im Königreich Schweden abgetretenen Ländern liegen, einschließlich der Akten, Verzeichnisse und übrigen Originalurkunden, die sich auf diese Orte und auf ihre wiederherzustellenden Rechte beziehen, [aber] die allgemeinen[,] sowohl Vor- als auch Hinterpommern betreffenden Urkunden in gültiger und beweiskräftiger Form (in authentica et probante forma), in der sie sich im Archiv und in den Registraturen des Stettiner Hofes oder sonst innerhalb oder außerhalb Pommerns vorfinden.  

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