Deutsche Übersetzung des IPO von Christian Gottfried Hofmann (1720)
 
  Kollationsvorlage:
Hoffmann, Christian Gottfried: Series Rerum Per Germaniam Et In Comitiis A Transactione Passaviensi Ad Ann[um] MDCCXX. Gestarum, In qua Discordiarum inter utrique religioni addictos origo [et] progressus enarrantur ... Accedit Liber secundus, Qui praeter ... primas partimque ineditas Pacis Westphalicae formulas continet. Adjecta sunt ipsa Pacis Osnabrugo-Monasteriensis instrumenta, cum lectionibus variantibus [et] nova prorsus versione Germanica. Frankfurt am Main, Leipzig: Friedrich Lanckisch Erben 1720 (12: 4 J.publ.g. 584), 292-299.
 
 
 

deutsch 1720

 
 

Artikel XV IPO

 
   
  [Art. XV,1 IPO = § 48 IPM] 1. Wegen der Hessen=Casselischen Sache hat man sich verglichen, wie folget:
Für allen Dingen soll das Fürstliche Hauß Hessen=Cassel, und alle dessen Fürsten, fürnemlich Frau Emilia Elisabetha, Landgräfin zu Hessen, und dero Sohn, Herr Wilhelm, wie auch ihre Erben, Diener, Bediente, Lehnleute, Unterthanen, Soldaten, und andere, die ihnen auf einige Weise angehören, keiner ausgeschlossen, ohngeachtet derer Gegen=Verträge, Processe, Acht= und andern Erklärungen, Urtheilen, Executionen und Transactionen, welche alle, wie auch die Actiones und Prætensiones wegen Schadens und Unrechtes, sowohl derer die Neutral als derer streitenden Parteyen, gäntzlich aufgehoben seyn sollen, der allgemeinen oben beschlossenen, und auf den Anfang des Böhmischen Kriegs, neben völliger Restitution reducirten Amnestie, (ausgenommen der Röm. Kayserl. Majestät, und des Hauses Oesterreich Vasallen und Erblichen Unterthanen, gleichwie von solchen im §. Tandem omnes, &c. disponirt wird) auch aller aus diesem und dem Religions=Frieden herkommenden Wohlthaten, mit eben dem Rechte als die andern Stände, (wie in dem Artickul, dessen Anfang ist[:] Unanimi, &c. verordnet wird) völlig theilhafftig seyn.
 
 
  [Art. XV,2 IPO = § 49 IPM] 2. Fürs Andere, soll das Haus Hessen=Cassel, und dessen Nachfolger, die Abtey zu Hirschfeld, mit allen ihren Welt= und Geistlichen, in= oder ausserhalb Landes (als die Probstey Gellingen) gelegenen Zugehörungen, (iedoch mit Vorbehalt derer Rechte, so das Haus Sachsen von undencklichen Jahren besitzet,) behalten; deßwegen bey der Röm. Kayserl. Majest. so, offt sich der Fall begiebt, die Belehnung suchen, und die Pflicht leisten.  
 
  [Art. XV,3 IPO = § 50 IPM] 3. Drittens, soll das Jus directi & utilis dominii in denen Aemtern Schaumburg, Bückenburg, Saxenhagen und Stadthagen, so vor diesem dem Bißthum Minden zugesprochen und zugestanden ist, hinfüro dem Herrn Wilhelmo, itzigen Landgrafen zu Hessen, und dessen Nachfolgern, zu ewigen Zeiten völlig, ohn fernere besagtem Bißthums, oder sonsten iemands Widerspruch oder Hinderung zustehen: iedoch soll der zwischen Herrn Christian Ludwigen, Herzogen zu Braunschweig Lüneburg, der Landgräfin zu Hessen u. Philippo, Grafen von der Lippe, getroffene Vergleich, wie auch die zwischen gedachter Landgräfin, und vorermeldtem Grafen errichtete convention fest verbleiben.  
 
  [Art. XV,4 IPO = § 51 IPM] 4. Uber dieses ist verglichen worden, daß der Frau Landgräfin zu Hessen, als Vormünderin, dero Sohne und dessen Successoribus, Fürsten in Hessen, für die Wiederabtretung derer in diesem Kriege eingenommenen Oerter, um sie schadloß zuhalten, aus denen Ertz=Stiftern Mayntz und Cölln, wie auch aus denen Stifftern Paderborn, Münster und der Abtey Fulda, 600000. Reichsthaler den itzigen Reichs=Constitutionibus nach gültiger Müntze innerhalb 9. Monaten, von dem Tage des bestätigten Friedens an zurechnen, zu Cassel, auf der Zahlenden Kosten und Gefahr, erlegt werden sollen; und gegen sothane verheissene Zahlung keine Ausflucht oder Prætext statt finde, viel weniger die verglichene Summe mit Arrest beleget werde.  
 
  [Art. XV,5 IPO = § 52 IPM] 5. Damit auch die Frau Landgräfin wegen dieser Zahlung desto sicherer sey, soll sie mit folgenden Bedingungen Neuß, Coßfeld und Neuhauß behalten, und in solchen Plätzen ihre u. ihr allein verpflichtete Besatzung haben; daß über die Officirer, und andere in Besatzungen nothwendige Personen die Anzahl der Garnison besagter drey Plätze nicht über 1200. zu Fuß und 100. zu Pferde sich belauffen soll; der Frau Landgräfin Belieben aber heimgestellet wird, wie viel dieselbe an iedem besagter Oerter Infanterie und Cavallerie verlegen, und wen sie über diese oder jene Garnison setzen wolle.  
 
  [Art. XV,6 IPO = § 53 IPM] 6. Die Besatzungen aber sollen nach der bisher gewöhnlichen Heßischen Verordnung wegen Verpflegung derer Officirer und Soldaten unterhalten; und was zu Unterhaltung der Vestungen nöthig ist, soll aus denen Ertz= und andern Stifftern, darinn gedachtes Schloß und Städte gelegen, und ohne der obgedachten Summe Verringerung gereichet werden. Es soll aber denen Besatzungen zugelassen seyn, gegen die mor[o]sen und Zauderer, iedoch nicht über die gebührende Summe zu exequiren. Die Jura Superioritatis aber, und sowol geist= als weltliche Jurisdiction, ingleichen die Einkünffte besagten Schlosses und Städte, sollen dem Herrn Ertz=Bischoff zu Cölln verbleiben.  
 
  [Art. XV,7-9 IPO = §§ 54-55 IPM] 7. So bald aber, nach ratificirten Frieden, der Frau Landgräfin 300000. Reichsthaler werden erlegt seyn, soll sie Neuß wieder abtreten, und allein Coßfeld und Neuhaus behalten: Jedoch solcher gestalt, daß sie die Neußische Besatzung nach Coßfeld und Neuhaus nicht abführe, oder dessentwegen etwas ferner fordere, und die Besatzung zu Coßfeld, sich nicht über 600. zu Fuß, und 50. zu Pferde, zu Neuhauß aber über 100. zu Fuß erstrecke. Wenn aber innerhalb des 9. monatlichen Termins der Frau Landgräfin die gantze Summe nicht erlegt würde, so soll nicht allein Coßfeld und Neuhaus, so lange, bis die völlige Zahlung geschehen, innen behalten, sondern auch für die rückständige Summe, und für iedes 100. derselben jährlich fünff Reichsthaler, bis auch die rückständige Summa entrichtet seyn wird, als Zinsen gezahlet werden. Es sollen auch die Rentmeister und Einnehmer so vieler Aemter, welche zu obbenannten Ertzstifftern und Abtey gehören, und dem Fürstenthum Hessen nahe gelegen, so viel als zu Erlegung der Pensionen zulänglich sind, der Frau Landgräfin mit Eydespflichten sich obligiren, daß sie von dem Einkommen die jährliche Zinse der restirenden Summe entrichten, und sich ihrer Oberherren Verbot nicht hindern lassen wollen.
8. Wofern aber solche Rentmeister und Einnehmer mit der Zahlung säumen, oder die Renten anders wohin verwenden würden, so soll die Frau Landgräfin freye Macht haben zu exequiren, und sie auf Maß und Weise, als sichs thun läßt, zur Zahlung anzustrengen: doch daß es dem Eigenthums Herrn an seinem Jure territoriali nicht nachtheilig sey. So bald aber die Frau Landgräfin die gantze Summe, samt den Zinsen, von Zeit des Verzugs an erlangt haben wird, soll sie alsbald die besagten Oerter wieder abtreten, welche sie bis dahin zu ihrer Sicherheit inne gehabt, die Zinsen sollen ein Ende haben, und die Rentmeister und Einnehmer, welche[r] oben gedacht worden, ihrer Pflicht wieder erlassen werden.
9. Welcher Aemter Gefälle aber im Fall der Verzögerung zu Bezahlung derer Pensionen anzuweisen seyn, darüber wird man sich vor der ratification des Friedens in eventum vergleichen, welcher Vergleich nicht weniger, als das Friedens=Jnstrument, Krafft haben soll.
 
 
  [Art. XV,10-11 IPO = § 56(1)-(2) IPM] 10. Ausser den Orten aber, so, wie gedacht, der Frau Landgräfin zu ihrer Sicherheit zu überlassen, und nach geschehener Zahlung allererst wieder abzutreten sind, soll sie nichts destoweniger nach erfolgter Friedens=Bekräfftigung alle Provincien und Stiffter, wie auch derselben Städte, Aemter, Städtlein, Vestungen, Schlösser, und endlich alle liegende Güter, auch die in diesem Krieg erlangten Rechte wieder einräumen, iedoch also, daß sowohl in den vorgedachten dreyen zur Sicherheit gelassenen Plätzen, als allen andern, so wieder abzutreten, der Frau Landgräfin und obgemeldten Successoribus erlaubet sey nicht allein den Proviant und allen Kriegs=Vorrath, so sie einbringen oder verfertigen lassen, durch ihre Unterthanen abzuführen. 11. Was aber von ihr nicht eingebracht, sondern zur Zeit der Eroberung in den eingenommenen Oertern gefunden worden, und annoch vorhanden ist, soll daselbst verbleiben. Doch sollen auch die Fortificationes und Wälle, so währender Eroberung gebauet worden, wieder niedergerissen werden, aber doch also, daß die Städte, Städtlein, Schlösser oder Castelle dadurch nicht iedermans Einfall und Rauben offen stehen.  
 
  [Art. XV,12 ± § 57 IPM] 12. Und ob zwar die Frau Landgräfin von niemand ohne von denen Ertz= und andern Stifftern, Mäyntz, Cölln, Paderborn, Münster, und der Abtey Fulda, der Wiederabtretung und Schadloßhaltung halber etwas gefordert, auch derentwegen von niemand anders etwas gezahlet haben wollen: Nichts desto weniger hat die gantze Versammlung nach der Sachen und Umstände Billigkeit beliebet, daß ohne Abbruch der Verordnung im vorgehenden §. welcher anfängt[:] Uber dieses ist verglichen worden, etc. auch die übrigen Stände, sie mögen seyn, wer sie wollen, diß= und jenseit des Rheins, welche am 1. Martii dieses Jahrs den Heßischen die Contribution erlegt haben, nach der diese gantze Zeit über beobachteten proportion der erlegten contribution zu Ergäntzung der obgesetzten Summe, und der Besatzung Unterhalt, ihren Antheil obbesagten Ertz= und andern Bißthümern, und der Abtey, zuschiessen, und die Saumseligen den Schaden, welchen die Zahlenden wegen einer oder der andern Verzögerung erlitten, wieder gut machen, und der Röm. Käyserl. oder Königl. Schwedische Majestät, wie auch der Frau Landgräfin Officirer und Soldaten die Execution wider die sich weigernden nicht verhindern sollen. Es soll auch den Heßischen nicht erlaubet seyn, dieser Declaration zum Nachtheil, iemand zu eximiren, welche aber ihre quotam gebührend entrichtet, sollen so fort aller Beschwerung frey seyn.  
 
  [Art. XV,13 IPO = § 58 IPM] 13. Was die Streitigkeiten zwischen den Fürstlichen Häusern, Cassel und Darmstadt, wegen der Marpurgischen Succession betrifft: Demnach dieselben zu Cassel am 14. nechst verwichenen Monats Aprilis, mit beyder Theilen Einwilligung gäntzlich beygeleget: So ist beliebet worden, daß solche Transaction, samt allem ihrem Anhang und Recessen, wie selbige zu Cassel getroffen, von den Partheyen unterschrieben, und dieser Versammlung übergeben worden, Krafft dieses Jnstruments, eben so gültig sey, als ob sie von Wort zu Wort in diesem Jnstrument mit eingerücket worden, und daß sie weder von den transigirenden Partheyen, noch iemand anders, unter dem Schein eines Vertrags, oder Eydes, oder sonst einem andern iemals dürffte umgestossen, sondern vielmehr von allen, ob sich schon vielleicht einer aus den Interessirten selbige zu bestätigen weigern möchte, aufs genaueste sollen gehalten werden.  
 
  [Art. XV,14 IPO = § 59 IPM] 14. Gleichwie auch die zwischen Herrn Wilhelmo, Landgrafen zu Hessen, und Herrn Christiano und Wolrado, Grafen zu Waldeck, am 11. April. An. 1635. geschehene, und von Herrn Georgio, Landgrafen zu Hessen, am 14. April. An. 1648 ratificirte Transaction, nicht weniger, Krafft dieser Pacification, zu ewigen Zeiten bey vollkommenen Würden verbleiben, und alle, sowohl Landgrafen zu Hessen, als Grafen zu Waldeck verbinden soll.  
 
  [Art. XV,15 IPO = § 60 IPM] 15. Es soll auch das Jus primogenituræ, so in einem ieden Hessen=Casselischen und Darmstädtischen Hause introducirt, und von Käyserl. Majestät bestätiget worden, fest bleiben, und unverbrüchlich erhalten werden.  

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